FAQ – Frequently Asked Questions

Wer erbt, wenn ich kein Testament und keinen Erbvertrag erstelle?

Mit einem Testament oder Erbvertrag kann die persönliche Erbfolge in weiten Teilen (unter Beachtung des Pflichtteilsschutzes) nach den persönlichen Präferenzen festgelegt werden. Sofern jemand kein Testament erlassen und keinen Erbvertrag abgeschlossen hat, wird sein Erbe nach der gesetzlichen Erbfolge unter den gesetzlichen Erben verteilt. Während dies im Ergebnis oftmals in den Grundsätzen dem hypothetischen Willen des Erblassers entspricht, kann es jedoch durchaus auch unerwünschte Folgen nach sich ziehen.
 
Wer die gesetzlichen Erben sind und wie viel diese Erben hängt einerseits davon ab, ob der Erblasser einen überlebenden Ehegatten bzw. eingetragenen Partner hinterlässt. Andererseits hängt es vom Vorhandensein von Verwandten des Erblassers ab. Die Erbenstellung von Verwandten ist nach dem sogenannten Parentelsystem aufgebaut. Eine Parentel sind die mit dem Erblasser in gleicher Weise verwandten Personen bzw. deren Nachkommen:
 
1. Parentel: Nachkommen des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel etc. des Erblassers);
2. Parentel: Eltern des Erblassers und deren Nachkommen (Eltern, Geschwister, Neffen etc. des Erblassers);
3. Parentel: Grosseltern des Erblassers und deren Nachkommen (Grosseltern, Tanten, Cousins etc. des Erblassers).
 
Zwischen den drei Parentelen herrscht Hierarchie, wonach die nähere die entferntere Parentel ausschliesst. Solange der Erblasser z.B. auch nur einen einzigen Erben der ersten Parentel hinterlässt, sind die Angehörigen der zweiten und dritten Parentel von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Entferntere Parentelen (4., 5. etc.) sind generell von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Sofern der Erblasser weder einen überlebenden Ehegatten bzw. eingetragenen Partner noch Angehörige der ersten drei Parentelen hinterlässt, gelangt der Nachlass grundsätzlich an das Gemeinwesen (je nach Wohnsitzkanton an den Kanton selbst oder an die Wohngemeinde des Erblassers; z.B. in SG fällt der Nachlass an den Kanton zur Finanzierung des Anteils des Staates an die Ergänzungsleistungen zur AHV).
 
Innerhalb der gleichen Parentel sind die Stammeshäupter gleichberechtigt. An die Stelle des vorverstorbenen Hauptes treten dessen Nachkommen. Sofern von einem Haupt keine Nachkommen vorhanden sind, kommen die weiteren Häupter bzw. deren Nachkommen zum Zug.
 
Hinterlässt der Erblasser einen überlebenden Ehegatten bzw. eingetragenen Partner erhält dieser die Hälfte der Erbschaft, wenn dieser mit der ersten Parentel (Nachkommen des Erblassers) zu teilen hat. Wenn dieser mit der zweiten Parentel (Eltern des Erblassers und deren Nachkommen) zu teilen hat – d.h. wenn keine Nachkommen des Erblassers vorhanden sind – erhält dieser drei Viertel der Erbschaft. Sofern nur die dritte Parentel vorhanden ist, erhält der überlebende Ehegatte bzw. eingetragene Partner die ganze Erbschaft.
 
Hinterlässt der Erblasser keinen überlebenden Ehegatten bzw. eingetragenen Partner geht die ganze Erbschaft an die erste Parentel (Nachkommen des Erblassers) bzw. die nächste Parentel, sofern keine Nachkommen des Erblassers vorhanden sind.
 
Im Folgenden werden zur Veranschaulichung die gesetzlichen Erbansprüche in häufigen Konstellationen aufgezeigt (mit Tools wie dem Erbplaner von LegacyNotes, kann auch die eigene Erbverteilung simuliert werden).
 
Der Verstorbene hinterlässt:
 
Ehegatten und zwei Kinder. Diese erben:
o   Ehegatte: ½
o   Jedes der zwei Kinder: ¼


Ehegatten, zwei Kinder (aus Ehe mit überlebendem Ehegatten), Tochter (ausserehelich). Diese erben:
o   Ehegatte ½
o   Jedes der zwei ehelichen Kinder: 1/6
o   Aussereheliche Tochter: 1/6


Konkubinatspartner und zwei Kinder. Diese erben:
o   Konkubinatspartner: 0
o   Jedes der zwei Kinder: ½


Ehegatten, Mutter und Schwester. Diese erben:
o   Ehegatte: ¾
o   Mutter: 1/8
o   Schwester: 1/8


Konkubinatspartner, Schwester und Neffe (Sohn des vorverstorbenen Bruders). Diese erben:
o   Konkubinatspartner: 0
o   Schwester: ½
o   Neffe: ½
 
Diese Veranschaulichung zeigt, dass das gesetzliche Erbrecht vor allem auf die klassischen Familienkonstellationen und insbesondere die Ehe ausgerichtet ist. So kann z.B. ein Paar seit Jahrzehnten im Konkubinat leben und gemeinsame Kinder haben und doch kommt dem überlebenden Konkubinatspartner kein gesetzliches Erbrecht zu.
 
Generell ist es zu empfehlen, die eigene Erbfolge frühzeitig zu prüfen und im Rahmen einer umfassenden Nachlassplanung auf die konkrete Konstellation anzupassen. Damit kann unliebsamen Überraschungen und potentiellen Erbstreitigkeiten vorgebeugt werden.
 
PETERER Rechtsanwälte Notare AG berät Sie umfassend in erbrechtlichen Angelegenheiten und unterstützt Sie bei der Evaluierung und Umsetzung der für Sie passenden testamentarischen oder erbvertraglichen Regelung.