FAQ – Frequently Asked Questions

Kann eine unter einer erwachsenenschutzrechtlichen Massnahme stehende Person einen Erbvertrag abschliessen?

Der Erbvertrag ist ein Vertrag zwischen dem (späteren) Erblasser und einem oder mehreren Vertragsparteien, i.d.R. Erben, unter Mitwirkung von zwei unabhängigen Zeugen, über den (späteren) Nachlass des Erblassers. Er kann bspw. ein Erbverzicht oder ein Erbauskauf sowie andere Bestimmungen über den Nachlass beinhalten. Die Verfügung von Todes wegen in Form eines Erbvertrages ist ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft, d.h., grundsätzlich kann nur der Erblasser selbst über seinen Nachlass bestimmen, dies kann nicht durch eine andere Person stellvertretend gemacht oder ausgeführt werden.

Um eine Verfügung von Todes wegen in Form eines Erbvertrages abschliessen zu können und in diesem Rahmen von Todes wegen über das eigene Vermögen zu verfügen, muss die verfügende Person «verfügungsfähig» bzw. handlungsfähig sein. Die Verfügungsfähigkeit einer Person setzt gemäss Gesetz deren Volljährigkeit und Urteilsfähigkeit voraus (468 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, SR 210, nachfolgend «ZGB»). Urteilsfähig ist eine Person dann, wenn mit Bezug auf eine konkrete Problemstellung (oder auf den konkreten Inhalt eines Vertrages) vernunftgemäss gehandelt werden kann. Mit anderen Worten setzt die Urteilsfähigkeit voraus, dass der Erblasser hinsichtlich der zu treffenden Anordnungen vernunftgemäss handeln kann und die Tragweite seiner erbrechtlichen Verfügung zu erkennen vermag. Jeder Erblasser muss damit grundsätzlich die Fähigkeiten besitzen, zum einen den Sinn sowie die Zweckmässigkeit und zum anderen die Wirkungen des Abschlusses des ihm vorliegenden Erbvertrags zu erkennen.

Die gleichen Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Personen, welche unter Massnahmen des Erwachsenenschutzrechts stehen, bspw. unter (umfassender) Beistandschaft – mit der zusätzlichen Voraussetzung, dass es zur gültigen Errichtung eines Erbvertrags bei bestimmten Beistandschaften der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bedarf (Art. 468 Abs. 2 ZGB). Auch bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bleibt die Urteilsfähigkeit der verfügenden Person vorausgesetzt, es ist jedoch durch die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zu gewährleisten, dass die Defizite der Massnahmen betroffenen Person nicht zu deren Nachteil ausgenützt werden können. Die Massnahmen betroffene Person hat den Erbvertrag aufgrund seines absolut höchstpersönlichen Charakters selbst abzuschliessen. Die Aufgabe des Beistands beim Vertragsabschluss beschränkt sich daher auf die Mitwirkung. Ein vom Beistand in Vertretung der verbeiständeten Person abgeschlossener Erbvertrag wäre nichtig.

Massnahmen des Erwachsenenschutzrechts bzw. die verschiedenen Arten der Beistandschaften unterscheiden sich hinsichtlich der Intensität des Eingriffs bzw. hinsichtlich der Einschränkung der Handlungsfähigkeit einer Person. Dabei sollen zur Erhaltung der Selbstbestimmung nur so viel und so intensive Massnahme(n) angeordnet werden, wie wirklich nötig (Art. 388 und 389 ZGB). Folglich ergibt sich im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkret angeordneten Erwachsenenschutzmassnahme, ob die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zum Abschluss des Erbvertrages notwendig ist. Die Zustimmung ist grundsätzlich dann nicht erforderlich, wenn die betroffene Person selbst die Zustimmung zum Geschäft erteilt oder selbst handelt bzw. soweit sie diesbezüglich nicht in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder urteilsunfähig ist. Als Massnahmen, die den Abschluss eines Erbvertrages umfassen können, kommen damit grundsätzlich nur die umfassende Beistandschaft oder die Mitwirkungsbeistandschaft in Frage, da die Höchstpersönlichkeit dazu führt, dass die Begleit- und die Vertretungsbeistandschaft (je nach konkreter Ausgestaltung der Massnahme) den Abschluss eines Ehevertrages nicht umfassen können (ausser bspw. bei einer Kombination der Beistandschaften). Dies deshalb, weil diese Beistandschaften i.d.R. mit keinen bzw. geringen Einschränkungen in der Handlungsfähigkeit eingehen.

Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass eine urteilsunfähige volljährige Person «erbvertragsunfähig» ist und dies grundsätzlich unabhängig davon, ob sie von Massnahmen betroffen bzw. verbeiständet ist oder nicht. Sie kann grundsätzlich nicht letztwillig über ihren Nachlass verfügen, sodass sich ihr Nachlass zwingend nach der gesetzlichen Erbfolge vererbt.

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