Architekten- und Ingenieurvertrag

Sowohl Architekten als auch Ingenieure führen teilweise ähnliche Tätigkeiten aus, indem sie in ihrem Fachgebiet Aufgaben der Beratung, Planung, Projektierung, Projektleitung und Bauleitung übernehmen. Die juristische Einordnung dieses Vertrags ist seit Jahren umstritten (Werkvertrag oder Auftrag), da die Leistungserfüllung des Architekten oder Ingenieurs u.a. verschiedene Einzelleistungen umfasst und kein Architekten- oder Ingenieurvertrag mit immer gleichbleibendem Inhalt existiert. Die Qualifikationsfrage wird in der Lehre und Rechtsprechung vorwiegend für den Architektenvertrag diskutiert. Die Diskussion betreffend Qualifikationsfrage kann aber sinngemäss auch auf den Ingenieurvertrag angewendet werden, da dieser analoge Leistungen wie der Architektenvertrag zum Gegenstand hat.

Folgende selbständigen Arbeiten des Architekten werden nach dem schweizerischen Bundesgericht (BGer) als Werkvertrag qualifiziert: Erstellen von Plänen, Protokollen und Gutachten, Führen der Baubuchhaltung, Aufstellung der Schlussabrechnung (sog. Planungsvertrag).
Als Auftrag werden beispielsweise qualifiziert: Vergebung von Arbeiten, Bauaufsicht, Bauleitung, Prüfung des Bauwerks, Leitung von Nachbesserungsarbeiten (sog. Bauleitungsvertrag), Ausarbeitung von Kostenvoranschlägen (BGE 134 III 361).

Bei einem sog. Gesamtvertrag ist der Architekt zur Planung, zum Erstellen des Kostenvoranschlages, zur Vergebung der Bauarbeiten und zur Bauleitung verpflichtet. Dieser wird als gemischtes Rechtsverhältnis unter Anwendung werkvertraglicher und auftragsrechtlicher Bestimmungen qualifiziert (so BGE 114 II 56; 127 II 543). Auf den gesamten Vertrag ist Art. 404 des schweizerischen Obligationenrechts (OR) anwendbar, d.h. er kann jederzeit widerrufen und gekündigt werden. Zudem ist auch die Haftung für das Überschreiten oder für Rechnungsfehler des Kostenvoranschlags nach Auftragsrecht zu beurteilen.