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Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen von Ärztinnen und Ärzten an Leistungserbringern
Anfang 2023 wurde der Fall eines Arztes publik, der sich an einem Medizinproduktehersteller beteiligte und in die Entwicklung sowie Verwendung von dessen Implantaten involviert war. Da diese Implantate angeblich fehlerhaft waren, muss sich der besagte Arzt nun vor Gericht wegen Körperverletzung verantworten. Interessant an diesem Fall ist dabei auch die Frage, wie die gesellschaftsrechtliche Beteiligung eines Arztes an einem Medizinproduktehersteller – oder ganz allgemein an einem Leistungserbringer – rechtlich zu würdigen ist.
Ärztliche Berufspflichten und gesellschaftsrechtliche Beteiligungen
Ärzte unterliegen dem Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG), welches in Art. 40 diverse Berufspflichten enthält, die von Ärzten eingehalten werden müssen, die ihren Beruf in eigener fachlicher Verantwortung ausüben. Im Lichte der hier interessierenden Problematik ist insbesondere Art. 40 lit. e MedBG von Bedeutung. Gemäss Art. 40 lit. e MedBG haben Ärzte bei der Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Gesundheitsberufe ausschliesslich die Interessen der Patienten zu wahren und sie handeln unabhängig von finanziellen Vorteilen. Art. 40 lit. e MedBG verpflichtet den Arzt, im Rahmen der Behandlung stets die Interessen des Patienten zu wahren und diese allfälligen eigenen, insbesondere finanziellen Interessen voranzustellen. Jede ärztliche Handlung muss daher auf einer unabhängigen, objektiven, fachlichen Entscheidung basieren und finanzielle Vorteile dürfen beim Entscheid über die angemessene medizinische Behandlung keine Rolle spielen.
Neben den gesetzlichen Vorschriften haben Ärzte darüber hinaus auch Selbstregulierungsvorschriften zu beachten. In diesem Zusammenhang von Interesse sind insbesondere die Richtlinien zur Zusammenarbeit von medizinischen Fachpersonen mit der Industrie der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW), welche durch Verweisung in Art. 18 der Standesordnung der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) eine breite Anwendbarkeit finden. Gemäss dem in Art. 3.2.1 der SAMW-Richtlinien enthaltenen Trennungsprinzip muss medizinisches Handeln insbesondere den Patienten gegenüber unbeeinflusst sein von angebotenen, versprochenen oder erhaltenen Leistungen oder Vorteilen.
Beteiligt sich ein Arzt nun an einem Medizinproduktehersteller, so stellt sich die Frage, ob er dadurch seine Berufspflichten, insbesondere Art. 40 lit. e MedBG sowie Art. 3.2.1 der SAMW-Richtlinien, verletzt. Die Antwort auf diese Frage bedarf einer Differenzierung. Grundsätzlich unproblematisch erscheint eine Beteiligung an einem grossen börsenkotierten Unternehmen. Ein einzelner Arzt kann – auch wenn er die Produkte dieses Unternehmens benutzt – den wirtschaftlichen Erfolg eines solchen Unternehmens nicht spürbar beeinflussen. Der Arzt hat dadurch auch keinen finanziellen Anreiz, gerade diese Produkte zu verwenden.
Anders sieht es aus, wenn sich ein Arzt in signifikantem Umfang an einem kleinen Medizinprodukteunternehmen beteiligt und gar noch in die Entwicklung und Verwendung von dessen Produkten involviert ist – wie dies im eingangs geschilderten Fall gegeben war. Der Einfluss des Arztes auf den wirtschaftlichen Erfolg dieses Unternehmens ist in dieser Konstellation signifikant grösser. Der Arzt hat einen finanziellen Anreiz, das Produkt des Unternehmens bei seinen Patienten zu verwenden, da sich dies direkt (positiv) auf die wirtschaftliche Situation und den Erfolg des Unternehmens auswirkt. Dieser Anreiz besteht insbesondere auch dann, wenn das Produkt dieses Unternehmens in objektiver Hinsicht nicht das für den Patienten geeignetste ist und in medizinischer Hinsicht die Verwendung eines anderen Produkts angezeigt gewesen wäre. In einer Konstellation, in welcher der Arzt daher durch seine Tätigkeit – z.B. die Verwendung von Implantaten bei seinen Patienten – den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens direkt beeinflussen kann, besteht die Gefahr, dass das Handeln und die Entscheidungen des Arztes durch finanzielle Anreize beeinflusst werden. In einer solchen Konstellation liegt daher in der Regel eine Verletzung von Art. 40 lit. e MedBG sowie des Standesrechts der FMH vor.
Sanktionen
Verstösse gegen die Berufspflichten können mit Verwarnung, Verweis, Busse (bis CHF 20’000) oder einem temporären oder definitiven Berufsausübungsverbot sanktioniert werden (Art. 43 Abs. 1 MedBG). Darüber hinaus können aus standesrechtlicher Sicht weitere oder zusätzliche Sanktionen ausgesprochen werden (Art. 47 der Standesordnung FMH). Verletzungen der Berufspflichten können aber auch arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, bis zur fristlosen Kündigung in besonders schweren Fällen.
Was sollten Sie tun?
Im Zusammenhang mit der Beteiligung von Ärzten an Unternehmen, die ebenfalls im Gesundheitsbereich tätig sind, gibt es gewisse Besonderheiten, die im Auge zu behalten sind. Unproblematisch sind Beteiligungen an grossen börsenkotierten Unternehmen. Beteiligungen an kleinen Unternehmen, welche Produkte herstellen, die mit Hilfe des sich beteiligenden Arztes in den Markt gebracht werden sollen, sind hingegen aus Sicht der Berufspflichten problematisch und es können Sanktionen wegen Verletzung dieser Berufspflichten drohen. Entscheidend ist schlussendlich aber die individuelle Konstellation im Einzelfall.
PETERER Rechtsanwälte Notare AG unterstützt und berät Sie bei Fragen im Zusammenhang mit der Beteiligung an Unternehmen, der Einhaltung der ärztlichen Berufspflichten sowie der Vermeidung von Interessenkonflikten.
© PETERER Rechtsanwälte Notare AG, Dezember 2023