FAQ – Frequently Asked Questions
Was kann ich gegen eine Verletzung meines erbrechtlichen Pflichtteils unternehmen?
Das Schweizer Erbrecht schützt gewisse Erben, indem es sicherstellt, dass ihnen ein Anteil am Nachlass nicht entzogen werden kann. Dieser Anteil wird Pflichtteil genannt und beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs. Pflichtteilsgeschützte gesetzliche Erben sind gemäss Art. 470 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) die Nachkommen, der Ehegatte sowie die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Erblassers.
Die Verfügungsfreiheit des Erblassers wird durch den jeweiligen Pflichtteil der gesetzlichen Erben beschränkt. Hinterlässt der Erblasser pflichtteilsgeschützte Erben, beträgt die frei verfügbare Quote die Hälfte des Nachlasses. Andernfalls kann der Erblasser über seinen ganzen Nachlass frei verfügen. Gleiches gilt, wenn die Erben mittels Erbverzicht auf ihren Pflichtteilsanspruch verzichten oder, unter sehr restriktiven Voraussetzungen, eine Enterbung vorgenommen wird.
Hinterlässt ein Erblasser zum Beispiel eine Ehegattin und zwei Kinder, erbt die Ehegattin die Hälfte des Nachlasses und die Kinder je ein Viertel. Dies entspricht ihren gesetzlichen Erbteilen. Von diesen Erbteilen ist jeweils die Hälfte pflichtteilsgeschützt. Somit erbt die Ehegattin mindestens ein Viertel des Nachlasses und die Kinder mindestens je ein Achtel. Dementsprechend kann der Erblasser über die andere Hälfte seines Nachlasses (freie Quote) frei verfügen. Dazu muss er ein Testament oder ein Erbvertrag errichten, in welchem er mit der freien Quote jede beliebige Person oder auch Organisationen wie Stiftungen begünstigen kann.
Ist ein Erbe der Meinung, dass sein Pflichtteil verletzt wurde, hat er zu handeln. Dabei sollte zuerst überprüft werden, ob tatsächlich eine Pflichtteilsverletzung vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der pflichtteilsgeschützte Erbe durch eine Verfügung des Erblassers gesetzeswidrig benachteiligt wurde, sodass er nicht seinen gesetzlichen Pflichtteil erhält. Bei den relevanten Verfügungen kann es sich um Testamente, Erbverträge oder auch gewisse Zuwendungen zu Lebzeiten (z.B. Erbvorbezüge oder unübliche Schenkungen während der letzten fünf Jahre) handeln. Die Berechnung erfolgt zum Wert des Nachlassvermögens am Todestag.
Eine Verfügung, welche den Pflichtteil eines Erben verletzt, untersteht der Herabsetzung gemäss Art. 522 ZGB. Dazu kann der betroffene Erbe innert eines Jahres seit Kenntnis von der Verletzung seiner Rechte eine Herabsetzungsklage erheben. Zuständig sind die Gerichte am letzten Wohnsitz des Erblassers. Oftmals empfiehlt es sich jedoch, zunächst das Gespräch mit den übrigen Beteiligten zu suchen und eine aussergerichtliche Lösung anzustreben.
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