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Rechtzeitige Wiederwahl des Verwaltungsrats

Gemäss BGE 148 III 69 endet das Amt eines Verwaltungsrats mit Ablauf des sechsten Monats nach Schluss des betreffenden Geschäftsjahres, wenn keine Generalversammlung nach Art. 699 Abs. 2 OR durchgeführt oder die Wahl des Verwaltungsrats nicht traktandiert wurde. Es findet somit keine stillschweigende Verlängerung der Amtsdauer statt. Dieses Urteil des Bundesgerichts wurde in BGer 4A_387/2023 vom 2. Mai 2024 konkretisiert und hat in der Praxis erhebliche Auswirkungen, welche nachfolgend aufgezeigt werden sollen.

Folgen einer verspäteten Wiederwahl des Verwaltungsrats

Wird diese Sechsmonatsfrist von Art. 699 Abs. 2 OR nicht eingehalten, liegt kein gültig gewählter Verwaltungsrat vor und es sind alle Beschlüsse des Verwaltungsrats, welche nach besagter Frist gefällt werden, nichtig. Dies bedeutet unter anderem, dass der Verwaltungsrat nach Ablauf dieser Frist auch nicht mehr zu einer Generalversammlung einladen kann, die gültig über die Wiederwahl entscheiden kann. Lädt der Verwaltungsrat nach Ablauf dieser Frist zu einer Generalversammlung ein, sind alle an dieser Generalversammlung gefassten Beschlüsse nichtig, da diese durch ein unzuständiges Organ einberufen wurde. Es liegt folglich ein Organisationsmangel gemäss Art. 731b Abs. 1 Ziff. 1 OR vor, da der Gesellschaft eines der vorgeschriebenen Organe fehlt.

Zu beachten ist jedoch, dass Mitglieder des Verwaltungsrats, welche nicht innert der sechsmonatigen Frist von Art. 699 Abs. 2 OR wiedergewählt wurden und weiterhin in ihrer bisherigen Funktion für die Gesellschaft handeln, die Gesellschaft als faktische Organe gegen aussen trotzdem verpflichten können. Die faktische Organschaft kann darüber hinaus auch zu einer Haftung dieser Verwaltungsräte führen, falls sie sich einer Sorgfaltspflichtverletzung schuldig machen. Daraus folgt, dass die Kompetenz des nicht rechtzeitig wiedergewählten Verwaltungsrats primär im Innenverhältnis beschränkt wird.

Durchführung der Generalversammlung

Wie kann nun trotz Ablauf der Frist von Art. 699 Abs. 2 OR eine (gültige) Generalversammlung einberufen bzw. abgehalten werden? Einerseits besteht die Möglichkeit der Durchführung einer Universalversammlung gemäss Art. 701 Abs. 1 OR. Insbesondere bei Aktiengesellschaften mit einem überschaubaren Aktionariat erscheint diese Art der Durchführung einer Generalversammlung als beste Lösung, um den Organisationsmangel zu beheben, erfordert jedoch auch die Teilnahme sämtlicher Aktionäre. Andererseits kann die Generalversammlung durch die Revisionsstelle einberufen werden (Art. 699 Abs. 1 OR). Anders als im Falle des Verwaltungsrats läuft die Amtszeit der Revisionsstelle nämlich nicht mit Ablauf der Sechsmonatsfrist von Art. 699 Abs. 2 OR ab (vgl. BGer 4A_387/2023 E. 8.2). Ist weder die Universalversammlung noch die Einberufung durch die Revisionsstelle möglich, besteht zu guter Letzt die Möglichkeit der Einreichung einer Klage nach Art. 731b OR bei Gericht mit dem Antrag der Einsetzung eines Verwaltungsrats oder eines Sachwalters, welcher die Aufgabe hat, eine Generalversammlung einzuberufen und durchzuführen (vgl. Art. 731b Abs. 1bis OR).

Worauf sollten Sie achten?

Die Sechsmonatsfrist von Art. 699 Abs. 2 OR sollte stets im Auge behalten werden. Ist voraussehbar, dass die ordentliche Generalversammlung – aus welchen Gründen auch immer – nicht innert dieser Frist abgehalten werden kann, ist zu empfehlen, eine Generalversammlung vor Ablauf der Frist abzuhalten, welche auf die Wieder- bzw. Neuwahl des Verwaltungsrats beschränkt ist. Alle anderen Traktanden einer ordentlichen Generalversammlung können an einer späteren Generalversammlung behandelt werden. Ist auch dies nicht möglich, so hat der amtierende Verwaltungsrat auf eine Universalversammlung hinzuwirken, an welcher der Verwaltungsrat entsprechend den gesetzlichen Vorschriften gewählt wird, oder aber die Revisionsstelle hat die Generalversammlung einzuberufen.

PETERER Rechtsanwälte Notare AG unterstützt und berät Sie bei der Planung und Durchführung von ordentlichen wie ausserordentlichen Generalversammlungen, sowie im Falle der Behebung von Organisationsmängeln.

© PETERER Rechtsanwälte Notare AG, Dezember 2024